„Der Wille zum Missverständnis – gezieltes Falschverstehen wird zur Taktik“
Arnd Pollmann, 30.08.2020
Die Ratsfraktionen und Einzelratsmitglieder des Lübbecker Stadtrates, die die Stellungnahme zur
Augurzky-Empfehlung veröffentlicht haben, äußern sich verwundert zu den Reaktionen darauf:
Die verrohte Gesprächskultur, die Arnd Pollmann im Deutschlandfunk treffend skizzierte, wird
scheinbar auch in der Kommunalpolitik zunehmend salonfähig. Wie sonst sind die Reaktionen aus Bad
Oeynhausen, hier insbesondere die des Fraktionsvorsitzenden der CDU, auf die sachliche Darstellung
aus Lübbecke zu verstehen? Möglichst laut und vernehmlich poltern, um die eigenen „Spielfiguren“
vom Feld zu nehmen? Dieses Verhalten ist nicht neu und ringt den Mandatsträgern aus Lübbecke
sogar Verständnis ab. Ähnliche Reaktionen gab es bedingt durch Verlustängste anfangs in Lübbecke,
dann in Rahden und auch in Espelkamp, dort im Rahmen der Grundstücksdiskussion. Doch was ist
der Lübbecker Stellungnahme denn wirklich zu entnehmen, wenn man die voreilige Entrüstung hat
verrauchen lassen? Alternative Denkweisen, die in der besonderen und dramatischen Situation der
Mühlenkreiskliniken angezeigt, ja sogar gefordert sind. In der Dramatik der Lage darf und muss alles
gedacht und gesagt werden, es darf nicht mehr um die Befriedigung von Befindlichkeiten gehen.
Was ist noch zu entnehmen? Die Wahrnehmung der Verantwortung für die jetzige und zukünftige
finanzielle Situation der Kommunen unseres Kreises und letztlich auch für die finanzielle Situation des
Kreises an sich. Der Altkreis kann mit der Wegnahme der Urologie und eventuell auch der Psychiatrie
und damit die Reduzierung auf ein Haus der Grundversorgung nicht zufrieden sein. Kurzum wird gesagt,
dass man nicht in ein neues Krankenhaus in Espelkamp investieren sollte, wenn dieses Haus
entsprechend der Prognosen nicht zukunftsfähig ist und schon mit der Inbetriebnahme am Nabel des
Klinikums in Minden hängt. Und das ist inzwischen weit davon entfernt, dass sich Einzelne vielleicht
noch immer gern an das Lübbecker Krankenhaus ketten würden, um dessen Bestand zu sichern. Nein,
darum geht es nicht, schon längst nicht mehr. Es geht um die sinnvolle Konzentration der Mittel, der
Ausstattung, des Personals und der Möglichkeiten für eine zukunftssichere Aufstellung unserer
Gesundheitsversorgung. Der Status Quo ist nachweislich nicht zu halten. Dem Lübbecker Stadtrat ist
das klar, auch wenn der eigene Bürgermeister ihm hier eine für ihn unverständliche Abseitsposition
attestiert. Selbst er wird mit der Annahme zitiert, dass kleinere Krankenhäuser problematisch seien.
„Gemeinsames Handeln scheint jetzt unmöglich“, „Porzellan wurde zerschlagen“, „unverschämte
Stellungnahme“ – warum diese Formulierungen, die den Lübbecker Rat in dieser Art und Weise doch
verwundern? Weil die Verfasser der Stellungnahme es wagen, die Kurstadt in das Einsparpotential und
die effektive Ausrichtung mit einzubeziehen? Es mag ja gute Argumente für den Erhalt der Auguste-Viktoria-Klinik und die weiteren Investitionen geben, aber diese müssen dann auch konstruktiv allen
anderen Kommunen nachvollziehbar gemacht werden. Die vermeintlich einmalige Chance auf ein
neues Krankenhaus, oder ein guter, renommierter Name einer Klinik reichen als Argumente dafür nicht
aus. Gegenseitiger Respekt und gegenseitiges Verständnis tragen aus Sicht der Lübbecker
Ratsfraktionen mehr zum lösungsorientierten Prozess bei als emotionale Ausbrüche.
Foto: Pixabay